Bahntransport von Kaufering nach Dachau

Am 25. April wurde das Kauferinger Lager 4, das als Krankenstation und Sterbelager des gesamten Kauferinger KZ-Komplexes diente, evakuiert. Eine geringe Zahl von gehfähigen Häftlinge marschierte in Richtung Dachau. Am selben und am nächsten Tag mussten die nicht mehr marschfähigen Häftlinge auf dem nahe gelegenen Bahngleis der Strecke Augsburg-Kaufering einen Zug besteigen. Am 25. und 26. April fuhren vom Lager 4 drei Züge mit jeweils 800 Häft-lingen nach Lager 1. Es kam zu Verzögerungen. Der zweiteZug wurde von Tieffliegern angegriffen.

Schließlich wurde in Lager I mit den 2 400 kranken Häftlingen aus Lager 4 und mit über 1 000 Häftlingen aus Lager 1 und möglicherweise auch aus umliegenden Lagern ein großer Bahntransport mit etwa 3500 Häft-lingen zusammengestellt. Er fuhr in der Nacht vom 26. auf den 27. April in Richtung Dachau, d.h. bis zur Bahnstation Emmering bei Fürstenfeldbruck, weil die Bahnverbindung nach Dachau durch Luftangriffe zerstört war.

Die Fahrt geriet oft ins Stocken. Am 27. April wurde dieser Häftlingszug mit offenen Güterwagen nahe dem Dorf Schwabhausen, zwischen Kaufering und Fürstenfeldbruck gelegen, von amerikanischen Kampfflug-zeugen angegriffen. Auf dem Nachbargleis stand ein deutscher Militärzug.

Viele der 3 500 Häftlinge und auch SS-Soldaten flohen in den nahe gelegenen Wald. Nach dem Angriff befahlen die Wachen den Häftlingen mit vorgehaltener Waffe, den Zug wieder zu besteigen. Viele weigerten sich und wurden erschossen. Etwa 400 bis 500 Häftlingen gelang es aber, im Wald zu verschwinden, zu fliehen und sich bis zur Ankunft der US-Truppen zu verstecken. Dieses rettende Schicksal widerfuhr auch unseren Freunden Uri Chanoch und Chaim Melech, die aus den Lagern 1 und 4 kamen.

Zeitzeugen berichteten von 139 toten Häftlingen, die durch den Angriff der Tiefflieger starben und in den offenen Waggons liegen blieben. Eine nicht bekannte Zahl von Häftlingen wurde von den SS-Wächtern erschossen. Von den 3 500 Häftlingen der Lager 4 und 1, die am Abend des 26. April von Landsberg in Richtung Dachau abtransportiert und die Überlebenden in Emmering bei Fürstenfeldbruckl ausgeladen wurden, erreichten nach einem Fußmarsch von Emmering nach Dachau laut Eingangsbericht der SS-Schreibstube vom 28. April nur noch 1769 lebende Häftlinge das KZ Dachau. Am nächsten Tag wurden sie dort von amerikanischen Truppen befreit.